Für die Herstellung von Wasserstoff kommen verschiedene Verfahren in Frage. Je nach Ausgangsstoff sind sie mal mehr und mal weniger nachhaltig. Welche Verfahren machen das Rennen?
Mit der Frage, wie wir unser Energiesystem klimafreundlicher und nachhaltiger gestalten können, ist die Herstellung von Wasserstoff in den Mittelpunkt der Diskussionen gerückt. Wasserstoff ist ein vielseitiger Energieträger, der als emissionsarmer Ersatz für fossiles Erdgas entscheidend zur Dekarbonisierung der Energieversorgung beitragen kann.
Wasserstoff (H2) ist das kleinste und häufigste Element in unserem Universum. Allerdings kommt H2 auf der Erde fast nur in gebundener Form vor, zum Beispiel in Wasser (H2O), in Erdgas (CH4) oder in Mineralien. Er muss daher zunächst von den anderen Elementen abgespaltet werden, um als Energieträger genutzt werden zu können.
Für die Gewinnung von Wasserstoff gibt es verschiedene Verfahren, die mit unterschiedlichen Ausgangsstoffen arbeiten.
Die verschiedenen Produktionsverfahren für Wasserstoff unterscheiden sich in erster Linie hinsichtlich der verwendeten Energiequelle bzw. Ausgangsstoffe. Für manche Verfahren kommen erneuerbare Energien zum Einsatz, für andere fossile Brennstoffe.
Der verwendete Ausgangsstoff ist entscheidend dafür, wie nachhaltig und klimafreundlich der erzeugte Wasserstoff ist.
Bei der Elektrolyse wird Wasser mithilfe von elektrischem Strom in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespaltet. Es gibt zwei Hauptarten der Wasserelektrolyse: die alkalische Elektrolyse (AEL) und die Protonenaustauschmembran-Elektrolyse (PEM).
Wird der Strom für die Elektrolyse aus erneuerbaren Quellen wie Wind- oder Sonnenenergie gewonnen, ist dies ein nachhaltiges Verfahren zur Wasserstoffherstellung. Man spricht dann auch vom Power-to-Gas-Verfahren. Der so gewonnene Wasserstoff wird als grüner Wasserstoff bezeichnet.
Ein oft genannter Kritikpunkt an der Wasserstoffgewinnung in warmen und sonnenreichen Gebieten ist die dort häufig vorherrschende Wasserknappheit. Wasser für die Elektrolyse kann jedoch auch aus Meerwasser gewonnen werden. So werden die Trinkwasservorkommen geschont und die reichlich vorhandene Sonnenenergie kann dennoch für die Produktion von Wasserstoff genutzt werden.
Um das Meerwasser zu Reinstwasser aufzubereiten, werden Meerwasserentsalzungsanlagen benötigt. Dabei werden zwei Funktionsweisen unterschieden: die thermische Destillation und die membranbasierte Druckfiltration. Letztere ist sehr energieeffizient. Die modernsten Anlagen benötigen für 1.000 Liter Wasser lediglich 2,5 Kilowattstunden (kWh) Energie.
Für die Erzeugung von 1 kg Wasserstoff werden 10 Liter Reinstwasser benötigt. Das Rohwasser muss vor der Elektrolyse aufbereitet werden, sodass je nach Wasserquelle zwischen 12 und 30 Liter pro kg erzeugtem Wasserstoff anfallen können. Das Kühlwasser kommt außerdem hinzu.
Die Dampfreformierung ist ein konventionelles Verfahren zur Wasserstoffherstellung. Als Ausgangsstoffe dienen fossile Brennstoffe wie Erdöl oder Erdgas. Unter Einfluss von Wasserdampf und Wärme kommt es zur Umwandlung des Gases oder Öls in H2 und CO2. Nachteil: Bei diesem Verfahren gelangt das Kohlenstoffdioxid ungehindert in die Atmosphäre.
Verhindern lässt sich der CO2-Ausstoß bei der Dampfreformierung, indem das abgeschiedene Kohlenstoffdioxid dauerhaft gespeichert wird. Dafür kommen beispielsweise erschöpfte Erdgaslagerstätten infrage – man spricht auch von CCS (Carbon Capture Storage) – oder das CO2 kann zur Herstellung von Kunststoff genutzt werden, dann spricht man von CCU (Carbon Capture Utilization).
Durch die Dampfreformierung wird sogenannter grauer Wasserstoff produziert. Erfolgt eine Speicherung oder Nutzung des CO2, wird blauer Wasserstoff hergestellt.
Bei der Pyrolyse wird Wasserstoff aus Erdgas hergestellt. Das Verfahren der Pyrolyse spaltet Erdgas (CH4) durch sehr hohe Temperaturen unter Sauerstoffausschluss in Wasserstoff und Kohlenstoff auf. Da keine Verbrennung erfolgt, kommt es auch nicht zu klimaschädlichen CO2-Emissionen.
Durch die Pyrolyse entsteht sogenannter türkiser Wasserstoff. Dieser kann ins Gasnetz eingespeist werden, während der feste Kohlenstoff gelagert oder in der Industrie eingesetzt werden kann.
Eine weitere Möglichkeit, Wasserstoff zu gewinnen, ist die Herstellung aus Biomasse. Dazu wird die Dampfreformierung oder die Pyrolyse eingesetzt, anstelle von fossilem Erdgas wird jedoch Biogas oder Biomasse umgewandelt.
Das CO2 wird zuvor mittels Fotosynthese von Pflanzen aufgenommen. Nun wird der Kohlenstoff abgetrennt und dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt. Es wird eine sogenannte CO2-Senke geschaffen.
Die Wasserstofferzeugung mit Biogas aus Gülle ermöglicht zusätzlich, die Treibhausgasemissionen aus der Tierhaltung zu reduzieren. So wird auch die Landwirtschaft bei der Emissionsminderung unterstützt. Das Emissionsminderungspotenzial von Wasserstoff aus Biomethan oder Biogas ist groß – aktuell stehen die Verfahren jedoch noch nicht im großen Maßstab zur Verfügung.
Ein weiteres Verfahren, Biowasserstoff herzustellen, ist die „dunkle Fermentation“. Dabei werden Biomasse, Abwässer und Reststoffe mittels Mikroorganismen in Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid umgewandelt. Bei völliger Dunkelheit und Temperaturen von 30 bis 80 °C herrschen anaerobe Bedingungen. In diesem Prozess kann man jedoch nicht alle organischen Verbindungen verwerten. Daher werden sie anschließend in Methan und Kohlendioxid umgewandelt.
Wasserstoff kann auch aus Ammoniak (NH3) hergestellt werden. Dieser wird unter hohen Temperaturen in seine Bestandteile aufgespaltet.
Vorteil der H2-Produktion aus Ammoniak: Im Gegensatz zu Wasserstoff kann Ammoniak mit weniger Vorkehrungen transportiert werden, da es bereits bei -33 °C flüssig wird. Es besteht also die Möglichkeit, Wasserstoff zum Transport in Ammoniak zu binden und ihn danach wieder in Wasserstoff aufzuspalten. Die Ammoniakherstellung benötigt allerdings große Mengen an Strom, weshalb diese Verfahrensweise nicht im großen Stil verfolgt wird.
Wie umweltfreundlich die Wasserstoffherstellung ist, hängt stark vom Produktionsverfahren, den verwendeten Rohstoffen und der Energiequelle ab.
Herstellungsverfahren, die erneuerbare Energiequellen nutzen, minimieren CO2-Emissionen und sind damit per se umweltfreundlicher. Daher wird verstärkt an nachhaltigen Produktionsverfahren wie der Elektrolyse mit erneuerbarem Strom gearbeitet, um die Wasserstoffproduktion umweltfreundlicher zu gestalten und ihren Beitrag zur Dekarbonisierung des Energiesystems zu maximieren.
Die Farbenlehre des Wasserstoffs gibt einen guten Überblick über die Treibhausgasemissionen bei der Herstellung.
Der Wirkungsgrad der verschiedenen Verfahren kann erheblich variieren, je nachdem, welche Rohstoffe und Energiequellen verwendet werden. Wirkungsgrad und Ausgangsstoff sind nicht getrennt voneinander zu bewerten, denn ein Verfahren mit einem höheren Wirkungsgrad, das jedoch fossile Brennstoffe als Rohstoffe verwendet, kann immer noch eine größere Menge CO2 emittieren als ein Verfahren mit einem niedrigeren Wirkungsgrad, das erneuerbare Energiequellen nutzt.
Die Verbesserung des Wirkungsgrads ist ein wichtiges Ziel bei der Entwicklung der Wasserstoffherstellungsverfahren. Die Verwendung erneuerbarer Energiequellen und die Optimierung von Prozessen können dazu beitragen, den Wirkungsgrad zu erhöhen und die Umweltauswirkungen zu reduzieren.
Die Angaben zu den Wirkungsgraden der unterschiedlichen Herstellungsverfahren schwanken stark. Sie sind von vielen Faktoren wie den spezifischen Technologien, Membranmaterialien, Einsatzstoffen, Stromdichten und Betriebstemperaturen abhängig.
Bei der Elektrolyse liegt der Wirkungsgrad aktuell beispielsweise – je nach Verfahren – bei 43 bis 73 Prozent, es wird jedoch angenommen, dass dieser mit Ausbau der Technologie ansteigen wird und bis zu 90 Prozent erreichen kann.
Die Dampfreformierung mit Erdöl oder Erdgas erreicht abhängig von den Voraussetzungen einen Wirkungsgrad von 60 bis 89 Prozent. Die Dampfreformierung mit Biomasse oder Biogas liegt aktuell bei 40 bis 77 Prozent, erreicht also eine insgesamt weniger effiziente Wirkung.
Bei der Pyrolyse kommt es zu einem sehr hohen Wirkungsgrad von 96 bis 100 Prozent, wenn das entstehende Kohlenstoff im Anschluss an das Verfahren gespeichert oder weiterverwendet wird. Die Pyrolyse mit Biogas kann mit einem Wirkungsgrad höher als 70 Prozent aufwarten.
Ein wichtiges Element bei der Wasserstoffherstellung ist, die Abwärme zur Stromerzeugung zu nutzen – dadurch kann der Strombedarf insgesamt gesenkt werden.
Die Kosten für die Wasserstoffproduktion hängen vom Herstellungsverfahren, von den aktuellen Energiepreisen, der Größenordnung der Produktion und anderen Faktoren ab.
Nachhaltige Wasserstoffherstellungsverfahren sind derzeit meistens noch teurer als konventionelle Produktionsprozesse. Mit dem weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien und der Weiterentwicklung von Wasserstofftechnologien werden die Preise voraussichtlich sinken.
Aus einer Studie des DVGW geht zudem hervor, dass die Preise für grünen Wasserstoff auf lange Sicht nicht höher sein werden als die aktuellen Gaspreise (12 ct / kWh). Betrachtet man die Gesamtkosten für Anschaffung, Gebäudesanierung und Betrieb, ist eine mit Wasserstoff betriebene Gastherme aus Kostensicht vergleichbar mit einer elektrisch betriebenen Wärmepumpe. [1]
In Deutschland wird Wasserstoff bisher noch nicht im großen Stil hergestellt. Die Wasserstoffproduktion erfolgt mancherorts in Raffinerien für industrielle Zwecke. Dabei kommt meistens die Dampfreformierung zum Einsatz.
Wasserstoff als Energieträger wird derzeit überwiegend zu Forschungs- und Demonstrationszwecken hergestellt. Beispiele sind:
Eine Übersicht über laufende und geplante Power-to-Gas-Anlagen in Deutschland finden Sie auf der Website des DVGW.
Grüner Wasserstoff lässt sich grundsätzlich überall dort herstellen, wo Wasser und erneuerbarer Strom vorhanden sind. Das kann auch dezentral am Ort der Verbraucher sein. Die dezentrale Wasserstoffproduktion hat einige Vorteile: Der Transport entfällt, außerdem gibt es eine gewisse Kosten- und Versorgungsautonomie.
Eine Studie des DVGW hat ergeben, dass rund ein Viertel der 11.000 deutschen Gemeinden ein mittleres bis hohes Potenzial für den Bau und Betrieb von Power-to-Gas-Anlagen aufweisen [2]. Dies ist von großer Bedeutung für lokale Dekarbonisierungs- und Transformationserfolge. Einzelne Netzgebiete können durch die dezentrale Erzeugung schon früh zu lokalen Wasserstoffinseln werden.
Deutschland verfügt nicht über ausreichend Kapazitäten, um (grünen) Wasserstoff in hohen Mengen herzustellen, und wird daher auf den Import aus anderen Ländern angewiesen sein. Im Gespräch sind dabei sowohl die MENA-Region (Middle East and Northern Africa) als auch Norwegen, Spanien, Namibia oder Brasilien.
Wenn Wasserstoff als zentraler Energieträger genutzt werden soll, werden große Mengen davon benötigt. Um diesen Wasserstoffbedarf decken zu können, müssen die verschiedenen Herstellungsverfahren eingesetzt werden.
Erklärtes Ziel für eine Wasserstoffwirtschaft ist es, vor allem klimaneutralen grünen und türkisen Wasserstoff zu nutzen. Allerdings wird als Übergangslösung auch konventionell hergestellter blauer Wasserstoff nötig sein, da aktuell nicht ausreichend erneuerbare Energie zur Verfügung steht, um ausschließlich grünen Wasserstoff zu produzieren.
Die globale Wasserstoff-Initiative Hydrogen Council schätzt, dass bis zum Jahr 2050 weltweit Wasserstoff mit einem Energiegehalt von über 21.000 Terawattstunden (TWh) zur Verfügung stehen könnte. In Deutschland könnten bis dahin nach Berechnungen des DVGW 165 TWh Wasserstoff durch Elektrolyse aus Wind- und Sonnenenergie erzeugt werden – das sind 165 Milliarden Kilowattstunden. Zum Vergleich: Man geht davon aus, dass man mit 33.330 kWh sieben Drei-Personen-Haushalte ein Jahr lang versorgen kann.
Dieser Beitrag wurde von einem Redaktionsteam der wvgw mbH erstellt. Zum Team gehören Redakteurinnen und Redakteure der Fachzeitschrift „DVGW energie | wasser-praxis“ und Mitarbeiter*innen aus dem Bereich digitaler Content bei der wvgw mbH.
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