Einsatzgebiete für H2: Wo die Verwendung von Wasserstoff sinnvoll ist

Wasserstoff kann in vielen Einsatzgebieten verwendet werden und dazu beitragen, Deutschland klimaneutral zu machen. Aber in welchen Bereichen ist die Wasserstoffnutzung besonders sinnvoll?

Illustration H2 Verwendung
Illustration: AdobeStock / Flash concept

Wasserstoff (H2) ist vielfältig einsetzbar. Als Ersatz für fossile Energien kann und soll H2 in verschiedenen Bereichen genutzt werden, um die CO2-Emissionen zu reduzieren und die Klimaneutralität in Deutschland bis 2045 zu erreichen.

Politisch gesetzt ist die Verwendung von Wasserstoff in der energieintensiven Industrie, im Schwerlastverkehr und als Netzstabilisator in der Stromerzeugung. Als klimafreundlicher Ersatz für Erdgas könnte Wasserstoff aber auch in der Wärmeversorgung sinnvoll genutzt werden.

Wasserstoff als Energiespeicher nutzen

Wasserstoff kann aufgrund seiner hohen Energiedichte gut als Energiespeicher genutzt werden. Die Verwendung von Wasserstoff als Energiespeicher verursacht keine direkten CO2-Emissionen und kann das Speicherproblem der erneuerbaren Energien lösen. Denn die als Wasserstoff gespeicherte Energie steht im Gegensatz zu Wind- oder Sonnenenergie zu allen Tages- und Jahreszeiten zur Verfügung.

Das Konzept dahinter: Elektrische Energie aus Wind und Sonne wird mithilfe der Elektrolyse in chemische Energie in Form von Wasserstoff umgewandelt – so können enorme Mengen an erneuerbarer Energie langfristig und auf unterschiedlichste Weise gespeichert werden: in kleinen Mengen in lokalen Wasserstofftanks, in großen Mengen in riesigen unterirdischen Gas-Kavernen oder auch im Gasnetz selbst.

Wasserstoffverwendung in der Industrie

Aktuell basieren die Produktionsprozesse der deutschen Industrie überwiegend auf Erdgas: Stattdessen soll zukünftig Wasserstoff verwendet werden. Gerade schwer elektrifizierbare Prozesse wie in der Stahl- und Ammoniakproduktion sowie die Zementherstellung sind auf H2 als umweltfreundlichen Energieträger angewiesen.

Die Nutzung von Wasserstoff in der Industrie ist nicht auf bestimmte Bereiche begrenzt, sondern H2 kann in allen energieintensiven Industriezweigen, z. B. in der chemischen Industrie, Glasherstellung, Papierindustrie oder in der Stahlproduktion, eingesetzt werden.

Wasserstoff findet zudem in der Herstellung von Ammoniak Verwendung. Ammoniak ist der Grundstoff für viele Produkte in der chemischen und pharmazeutischen Industrie. Mithilfe des Haber-Bosch-Verfahrens wird Ammoniak aus Wasserstoff und Stickstoff produziert. Der Stoff sorgt z. B. als Basis für Kunstdünger für höhere Erträge in der Landwirtschaft und wird für Arznei- oder Reinigungsmittel verwendet. Außerdem dient er als Transportmedium für Wasserstoff.

Einsatzmöglichkeiten von Wasserstoff in der Mobilität

In der Mobilität ist die Verwendung von Wasserstoff vor allem in den Bereichen sinnvoll, wo Elektroantriebe weniger effizient eingesetzt werden können. Das ist z. B. im Schwerlastverkehr der Fall. Hier bietet sich ein elektrischer Antrieb aufgrund des hohen Gewichts der Fahrzeuge nicht an. Es müsste zu viel Strom eingesetzt werden, um die hohen Reichweiten abzudecken, die diese Fahrzeuge benötigen.

Mit Brennstoffzellen können diese Probleme jedoch umgangen werden: In der Brennstoffzelle wird die chemische Energie des Wasserstoffs in elektrische Energie umgewandelt und direkt eingesetzt sowie gespeichert. Wird grüner Wasserstoff verwendet, entsteht bei dem Prozess lediglich Wasserdampf. Dann fahren Brennstoffzellenfahrzeuge vollkommen emissionsfrei.

Wasserstoff im Öffentlichen Nahverkehr

In immer mehr Städten und Regionen sind Wasserstoffbusse im ÖPNV unterwegs. Beispielsweise wurde in Oldenburg, Düsseldorf und Bremerhaven der Einsatz von Brennstoffzellenfahrzeugen im Linienverkehr bereits erfolgreich erprobt. Für den Schwerlastverkehr wird Wasserstoff ebenfalls mehr und mehr zu einer Alternative für für fossile (und damit klimaschädliche) Kraftstoffe. Das Unternehmen Hylane hat bereits einige Wasserstoff-Lkw im Einsatz und sehr gute Erfahrungen gemacht.

Aber auch Züge können mit Wasserstoff betankt werden. Gerade in ländlichen Regionen ohne elektrifizierte Bahnstrecken lassen sich durch die Verwendung von Wasserstoff Emissionen einsparen. Die aktuell noch vielerorts eingesetzten Dieselloks würden durch wasserstoffbetriebene Züge ersetzt werden. Wasserstoffzüge fahren geräuscharm und können lange Strecken – auch mit Steigung – überwinden.

Stromerzeugung mit Wasserstoff

Wasserstoffkraftwerke liefern emissionsarmen Strom und springen bei Bedarf ein. Ein Gaskraftwerk kann schnell auf Volllast hoch- und auch wieder herunterfahren, wenn der Strombedarf sinkt. Bei einem Blackout können sie zudem ohne externe Energiezufuhr wieder angefahren werden und das Land innerhalb weniger Minuten wieder mit Strom versorgen. Wasserstoffkraftwerke sind also eine wichtige Ergänzung zu der schwankenden Stromeinspeisung aus erneuerbaren Energien.

Aus diesem Grund hat die Bundesregierung Anfang des Jahres die Kraftwerksstrategie auf den Weg gebracht: Ab 2025 sollen vier H2-ready-Gaskraftwerke gebaut werden, die ab 2035 nur noch mit Wasserstoff betrieben werden. Die Kraftwerke unterstützen die Stromversorgung aus erneuerbarer Wind- und Sonnenenergie an Industrieknotenpunkten.

Beispiel Wasserstoffkraftwerk

Das erste wasserstofffähige Heizkraftwerk ist im Oktober 2023 in Betrieb gegangen. Herzstück des Kraftwerks in Leipzig Süd sind zwei Gasturbinen mit 125 Megawatt elektrischer Leistung. Diese können schon zum Startzeitpunkt hohe Anteile grünen Wasserstoffs verbrennen und sollen zukünftig Strom und Wärme zu 100 Prozent aus Wasserstoff erzeugen. Geplant ist, dass das Kraftwerk im Jahr 2025 zu 100 Prozent mit Wasserstoff betrieben wird. Bis dahin dauert es nach Angaben der Stadtwerke, bis grüner Wasserstoff in den erforderlichen Mengen und zu bezahlbaren Preisen zugekauft werden kann.

Mit Wasserstoff heizen

In Deutschland sind etwa 50 Prozent der Haushalte sowie 1,8 Mio. Gewerbe- und Industriebetriebe an das Gasnetz angeschlossen und werden darüber mit Wärme versorgt. Mit Blick auf die Klimaneutralität muss der Einsatz von Erdgas reduziert werden.

Warum also nicht die bestehende Infrastruktur mit klimafreundlichem Wasserstoff betreiben? Insbesondere in Bestandsgebäuden und Altbauten könnte die Nutzung von Wasserstoff als Heizenergie die CO2-Emissionen reduzieren – ohne den großen Aufwand und schneller, als es ein Wechsel der Heiztechnologie vermag. Eine Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff ist bereits im Gange.

Ob Wasserstoff in großem Stil für die Wärmeversorgung genutzt werden wird, ist noch offen und Teil der aktuellen politischen Debatte. Aus Sicht der Energiewirtschaft spricht viel für die Verwendung von Wasserstoff als Heizenergie. Denn die Umwidmung des bestehenden Gasnetzes für Wasserstoff ist verhältnismäßig kostengünstig und kann sozialverträglich und kurzfristig vonstattengehen [1].

Wasserstoffverwendung: Wie geht es weiter?

Die politischen Entscheidungen sind maßgeblich für die Richtung, in die sich die Verwendung von Wasserstoff weiterentwickelt. Die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung bündelt die Maßnahmen der Wasserstoffnutzung bis 2030 und setzt Leitplanken für die Erzeugung, den Transport und die Verwendung von H2 und seinen Derivaten in allen Bereichen.

Für die Industrie sind die Weichen gestellt: Klimafreundlich erzeugter Wasserstoff soll als Schlüsselelement der Energiewende etabliert und so die Dekarbonisierung der Industrie vollendet werden. Der Markthochlauf von Wasserstofftechnologien wird durch regulative Voraussetzungen zunächst vor allem in den Bereichen ermöglicht, die sich nicht anders dekarbonisieren lassen oder bereits nahezu wirtschaftlich sind [2].

Im Wärmesektor sind große Veränderungen im Gange. Seit dem 1. Januar 2024 werden die kommunalen Wärmepläne erstellt. Deutschlandweit soll es künftig eine moderne, klimafreundliche, verlässliche und bezahlbare Wärmeversorgung geben. Zu den erneuerbaren Energien, die laut Wärmeplanungsgesetz für die Wärmeversorgung erlaubt sind, zählt auch grüner Wasserstoff. Im Wärmeplan kann also ein Wasserstoffnetzgebiet als Versorgungsoption ausgewiesen werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Betreiber einen verbindlichen Fahrplan für die Umstellung des Gasnetzes auf Wasserstoff vorlegen [3].

Anfang des Jahres 2024 ist außerdem die Novelle des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) in Kraft getreten. Darin wird die Grundlage für eine gemeinsame Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff geschaffen. Auch der Ausbau der Wasserstoffinfrastruktur soll laut Gesetz verstetigt werden.

Gleichzeitig sorgt ein im März 2024 vom BMWK vorgelegtes Strategiepapier für Ungewissheit. Darin heißt es: „Es ist davon auszugehen, dass die Länge der Gasverteilernetze von derzeit über 500.000 km stark zurückgehen wird“ [4]. Das steht im Widerspruch zu der Idee, die Gasverteilnetze weiterhin für eine flächendeckende Versorgung des Wärmesektors mit einem gasförmigen Energieträger zu nutzen. Wie diese Entscheidung em Ende ausfällt, ist richtungsweisend für das gesamte Energiesystem der Zukunft.

Häufige Fragen zum Thema Wasserstoffverwendung

Wofür braucht man Wasserstoff?

Wasserstoff ist notwendig, um die Klimaziele zu erreichen und die fossilen Energien zu ersetzen. Da die erneuerbaren Energien den Bedarf nicht decken und zudem nicht über längere Zeit gespeichert werden können, dient Wasserstoff als Ergänzung. Gemeinsam können die emissionsfreien Energien den Ausstieg aus der fossilen Energieversorgung gewährleisten.

Wasserstoff wird aktuell vor allem in der Industrie verwendet und hier vor allem in der chemischen Industrie. Der Wasserstoff wird dabei meistens aus Erdgas gewonnen, ein Verfahren, das man Dampfreformierung nennt. Ein weiterer Einsatzbereich ist die Mobilität, z. B. der Öffentliche Nahverkehr. Einige Kommunen in Deutschland setzen bereits Wasserstoff-Busse ein, um die Energiewende im ÖPNV voranzutreiben.

Wasserstoff wird eine wichtige Rolle in bestimmten Bereichen spielen – vor allem dort, wo rein elektrische Lösungen nicht möglich sind. Es gibt bereits Strategien auf nationaler und europäischer Ebene, um H2 als tragende Säule der Energiewende zu etablieren. In welchem Umfang Wasserstoff schließlich eingesetzt wird, diskutieren Vertreter:innen aus Politik, Wissenschaft und Energiewirtschaft aktuell: Die Politik legt den Fokus vor allem auf die Industrie, während die Energiewirtschaft Wasserstoff auch als Teil der Wärmeversorgung, Stromerzeugung und Mobilität als sinnvoll erachtet.

Autoren dieses Beitrags

Dieser Beitrag wurde von einem Redaktionsteam der wvgw mbH erstellt. Zum Team gehören Redakteurinnen und Redakteure der Fachzeitschrift „DVGW energie | wasser-praxis“ und Mitarbeiter*innen aus dem Bereich digitaler Content bei der wvgw mbH.

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