H2Giga: Wie Innovationshürden abgebaut werden können

Wie wird Wasserstoff zum Schlüssel der Energiewende? Das Projekt H₂Giga treibt mit über 120 Partnern die Serienproduktion von Elektrolyseuren voran. Dr. Jörg Nitzsche erklärt im Interview zentrale Herausforderungen, Fortschritte und die Bedeutung von Fachkräften und Standards.

PEM-Elektrolyseur im Schleswig-holsteinischen Haurup
PEM-Elektrolyseur im schleswig-holsteinischen Haurup: Die Genehmigung von Elektrolyseanlagen ist in Deutschland mit bürokratischen Hürden verbunden. Foto: H-TEC SYSTEMS GmbH
Jörg Nitzsche, Geschäftsführer der DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg

Dr. Jörg Nitzsche

Dr. Jörg Nitzsche ist Geschäftsführer der DBI – Gastechnologisches Institut gGmbH Freiberg. Er verantwortet das Ressort Forschung & Entwicklung. Aktuell bearbeitet das DBI Gastechnologische Institut gGmbH Freiberg 20 Forschungsprojekte, darunter das Wasserstoff-Leitprojekt H₂Giga.

Herr Dr. Nitzsche, warum ist die Serienproduktion von Elektrolyseuren so wichtig für die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung?

Dr. Jörg Nitzsche: Die Wasserstoffstrategie der Bundesregierung verfolgt das Ziel, bis 2030 eine Elektrolysekapazität von 10 Gigawatt zu erreichen. Dafür braucht es dringend die industrielle Serienproduktion von Elektrolyseuren, um die Herstellungskosten zu senken und die benötigten Stückzahlen schnell verfügbar zu machen.

Hier setzt das Leuchtturmprojekt H₂Giga an, das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung gefördert wird. Mit über 120 Partnern arbeiten wir daran, die Grundlagen für eine Serienfertigung zu schaffen und damit den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft massiv zu beschleunigen.

Im Projekt H2Giga arbeiten wir mit über 120 Partnern daran, die Grundlagen für die Serienproduktion von Elektrolyseuren zu schaffen und damit den Ausbau der Wasserstoffwirtschaft massiv zu beschleunigen.

Welche Herausforderungen gibt es dabei?

Dr. Jörg Nitzsche: Neben den rein technologischen Herausforderungen wie der Weiterentwicklung und Skalierung der Elektrolyse-Technologien stehen uns auch nicht-technische Hürden im Weg. Ein großes Problem ist die fehlende Standardisierung: Für viele Verfahren, wie die alkalische Elektrolyse oder die Festoxid-Elektrolyse, gibt es keine einheitlichen Normen. Diese regulatorischen Lücken erschweren den Markthochlauf.

Hinzu kommen bürokratische Hindernisse, beispielsweise komplizierte und langwierige Genehmigungsverfahren, die die Umsetzung von Projekten stark verzögern können.

Wie wird das Problem der Normung konkret angegangen?

Dr. Jörg Nitzsche: Um die dringendsten Normungsbedarfe zu ermitteln, haben wir Hersteller und Betreiber von Elektrolyseanlagen direkt einbezogen. Dabei wurde klar, dass es insbesondere bei der Festlegung von Leistungsparametern, Sicherheitsanforderungen und der Gasqualität dringenden Handlungsbedarf gibt. Diese Erkenntnisse fließen in nationale und europäische Normungsgremien ein, um die bestehenden Standards anzupassen oder neue zu schaffen. Es ist ein langwieriger Prozess, aber er ist zentral für den Erfolg der Wasserstoffwirtschaft.

Viele Projekte werden durch bürokratische Hürden verzögert. Die Digitalisierung von Genehmigungsprozessen, wie es das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz vorsieht, könnte hier helfen.

Was müsste sich im Genehmigungsprozess ändern?

Dr. Jörg Nitzsche: Aktuell sind die Genehmigungsverfahren in Deutschland sehr komplex und uneinheitlich. Je nach Projekt kommen unterschiedliche Verfahren zur Anwendung, die von zahlreichen Behörden geprüft werden müssen. Diese bürokratischen Hürden verzögern viele Projekte erheblich. Hier könnten Maßnahmen wie das geplante Wasserstoffbeschleunigungsgesetz helfen. Es sieht vor, die Genehmigungsprozesse zu digitalisieren und kleinere Anlagen schneller zu genehmigen. Zudem sollten die Behörden personell und finanziell besser ausgestattet werden, um die steigende Zahl an Genehmigungsanträgen effizient bearbeiten zu können.

Welche Rolle spielt die Weiterbildung von Fachkräften bei der Umsetzung der Wasserstoffstrategie?

Dr. Jörg Nitzsche: Fachkräfte sind ein zentraler Faktor für den Erfolg. Die Bedienung moderner Elektrolyse-Technologien erfordert nicht nur ein tiefes Verständnis der elektrochemischen Prozesse, sondern auch umfassendes Wissen über Sicherheitsaspekte. Im Rahmen von H₂Giga haben wir daher Weiterbildungsprogramme entwickelt, die speziell auf die Bedürfnisse der Branche zugeschnitten sind. Diese reichen von Grundlagenkursen für Einsteiger bis hin zu spezialisierten Trainings für erfahrenes Personal. Erste Pilotkurse laufen bereits und helfen dabei, die Angebote weiter zu optimieren. Das Ziel ist, langfristig genügend qualifizierte Fachkräfte auszubilden, um den Betrieb und die Weiterentwicklung der Wasserstofftechnologien sicherzustellen.

Wie sieht der Ausblick für die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland aus?

Dr. Jörg Nitzsche: Die Wasserstoffwirtschaft in Deutschland hat großes Potenzial, aber es gibt noch viel zu tun. Projekte wie H₂Giga legen eine wichtige Grundlage, indem sie nicht nur technische, sondern auch organisatorische und regulatorische Herausforderungen angehen. Gleichzeitig müssen die politischen Rahmenbedingungen weiter verbessert werden, etwa durch klarere Vorgaben bei Genehmigungen und eine stärkere Verzahnung von Forschung und industrieller Produktion. Wenn uns das gelingt, kann Wasserstoff eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen und gleichzeitig wirtschaftliche Chancen eröffnen – sowohl national als auch international.

Vielen Dank für das Gespräch, Herr Dr. Nitzsche!

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