Als grünen Wasserstoff bezeichnet man Wasserstoff, der über das Power-to-Gas-Verfahren aus erneuerbarem Strom erzeugt wird. Der Strom muss dabei aus 100 Prozent erneuerbaren Energien stammen – nur dann ist der Wasserstoff klimaneutral hergestellt und somit grün. Neben grünem Wasserstoff gibt es u. a. grauen, blauen und türkisen Wasserstoff, die sich durch ihre Herstellungsweise und Umweltbilanz unterscheiden.
Die Nutzung von grünem Wasserstoff ist eine klimafreundliche Alternative zu fossilen Brennstoffen. Das ist in seiner Herstellung begründet: Grüner Wasserstoff wird ausschließlich durch den Einsatz von erneuerbarem Strom in Power-to-Gas-Anlagen erzeugt. Elektrolyseure spalten dabei Wasser in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff auf.
Wird der grüne Wasserstoff in Energie umgewandelt, z. B. in Brennstoffzellen, entsteht als „Abfallprodukt“ lediglich Wasserdampf. Dadurch ermöglicht er die Dekarbonisierung von Sektoren, die bisher auf fossile Energien angewiesen waren, wie die Industrie und der Schwerlastverkehr. Mit Wasserstoff lassen sich bei entsprechend klimafreundlicher Erzeugung die Treibhausgasemissionen im Vergleich zum heute eingesetzten Erdgas um mindestens 70 Prozent reduzieren [1].
Betrachtet man seine gesamte Produktionskette, hat aber auch grüner Wasserstoff einen CO₂-Fußabdruck – wenn auch einen sehr geringen. Verursacht werden diese Treibhausgasemissionen u. a. bei der Herstellung der notwendigen Wind- und Solaranlagen.
Noch ist grüner Wasserstoff kein zentraler Energieträger. Doch in Zukunft könnte er zu einem unverzichtbaren Teil unseres Energiesystems werden, der ganze Industrien transformiert, das Stromnetz stabilisiert und den Schwerlastverkehr revolutioniert. Vor allem die Bereiche, die nicht oder nur schwer elektrifizierbar sind, können vom grünen Wasserstoff profitieren.
Die Industrie, vor allem die Stahl- und Chemiebranche, gehört zu den größten Verursachern von CO₂-Emissionen. Grüner Wasserstoff kann fossile Brennstoffe in der Stahlproduktion ersetzen, indem er statt Kohle als Reduktionsmittel im Hochofen eingesetzt wird. Zentral ist er auch für die Herstellung von grünem Ammoniak und Methanol, die als Grundstoffe in vielen chemischen Prozessen benötigt werden.
Im Mobilitätssektor eignet sich grüner Wasserstoff besonders dort, wo Elektroantriebe an ihre Grenzen stoßen – etwa bei Zügen, Schiffen oder Flugzeugen. Im Schwerlastverkehr kann grüner Wasserstoff als Treibstoff für Brennstoffzellen-Lkw genutzt werden.
Grüner Wasserstoff ist mehr als ein Energieträger – er kann auch als Speicher für überschüssigen Strom aus erneuerbaren Energien dienen. Durch Power-to-Gas ist es möglich, aus Wind- und Sonnenenergie via Elektrolyse grünen Wasserstoff zu gewinnen. Dieser lässt sich im Gegensatz zu Strom nicht nur über Wochen und Monate speichern, sondern kann auch über weite Strecken transportiert werden. Das macht ihn ideal für die Stabilisierung des Energiesystems und den internationalen Energietransport, etwa über Pipelines oder als verflüssigter Wasserstoff über Straße und Wasser. Mehr dazu erfahren Sie im Beitrag Wasserstofftransport.
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Technische Regeln für die Erzeugung und Einspeisung von Wasserstoff, gebündelt in einem praktischen Modul.
Die Verfügbarkeit von grünem Wasserstoff ist entscheidend für seinen breiten Einsatz in Industrie, Mobilität und Energieversorgung. In den kommenden Jahren sollen Produktion und Infrastruktur deshalb erheblich ausgebaut werden.
Grüner Wasserstoff wird derzeit in Deutschland und Europa überwiegend in Pilotprojekten hergestellt. Die Produktionskapazitäten sind begrenzt, da sowohl Elektrolyseure als auch die benötigten erneuerbaren Energien noch nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen. Größere Produktionsstätten sind noch in der Planung bzw. im Bau, so soll es im Jahr 2030 bis zu 111 Elektrolyseure geben.
Die EU und Deutschland haben ambitionierte Ziele: Bis 2030 sollen Elektrolyseure mit einer Kapazität von mehreren Gigawatt (GW) installiert werden, um Millionen Tonnen grünen Wasserstoffs zu produzieren.
Deutschland plant allein 10 GW Elektrolysekapazität. Dies entspricht ca. 30 bis 50 Prozent des Wasserstoffbedarfs und ist Teil des EU-Ziels, Europa zum führenden Standort für grünen Wasserstoff zu machen. Die restlichen 70 bis 50 Prozent grüner Wasserstoff sollen aus sonnen- und windreichen Regionen importiert werden und die europäische Produktion ergänzen.
Norwegen, Dänemark, Österreich, Italien, Kanada, Namibia, Algerien, Marokko, Ägypten und Australien.
Grüner Wasserstoff wird eine wichtige Rolle spielen, gerade in Bereichen, wo elektrische Lösungen nicht funktionieren. Der Weg zur Massenproduktion von grünem Wasserstoff ist jedoch nicht ohne Hürden. Die Herstellung erfordert große Mengen erneuerbaren Stroms, die in Europa noch nicht in ausreichendem Maß zur Verfügung stehen.
In welchem Umfang grüner Wasserstoff eingesetzt werden wird, wird aktuell noch von Politik, Energiewirtschaft und Wissenschaft diskutiert. Auf nationaler und europäischer Ebene wurden aber bereits einige Projekte angestoßen und gefördert, um den Ausbau einer Wasserstoffinfrastruktur zu stärken. Die nationale Wasserstoffstrategie für Deutschland sieht vor, dass bis 2030 fast die Hälfte des Wasserstoffbedarfs durch heimische Produktion gedeckt werden kann. Der Rest soll aus dem Ausland importiert werden.
Dieser Beitrag wurde von einem Redaktionsteam der wvgw mbH erstellt. Zum Team gehören Redakteurinnen und Redakteure der Fachzeitschrift „DVGW energie | wasser-praxis“ und Mitarbeiter*innen aus dem Bereich digitaler Content bei der wvgw mbH.
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